Mythen des Gesichtlesens

von | 20.08.2023 | Panoramablick

Das Gesichtlesen ist in unseren Zeiten und Gefilden trotz seiner Jahrtausende alten Geschichte recht unbekannt. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – ranken sich eine Menge Mythen, Missverständnisse und unvollständiges Wissen um das Thema. 

Im Folgenden möchte ich fünf dieser Mythen in Kürze aufklären:

Ich sehe aufgrund der Gene meiner Eltern so aus, wie ich aussehe – darauf habe ich keinen Einfluss:

FALSCH! Sowohl die Gesichtsform als auch – bis auf wenige Ausnahmen – die einzelnen Merkmale verändern sich ein ganzes Leben lang. Das Aussehen unseres Gesichtes ist sowohl von der Genetik als auch der Epigenetik abhängig. Der Verlauf unseres Lebens und die Facetten unserer Persönlichkeit haben maßgeblichen Einfluss auf die Strukturen unseres Gesichtes.

Das Gesichtlesen wurde im Nazionalsozialismus genutzt:

HALBWAHR! Tatsächlich wurde sich im Dritten Reich der – inzwischen wissenschaftlich widerlegten – Phrenologie (Schädelkunde) „bedient“, um den – nicht existenten – „arischen Knochen“ zu identifizieren. Die Phrenologie WAR eine der Physiognomik artverwandte Detail-Disziplin, die das europäische Gesichtlesen beschreibt und hat nichts mit den Lehren aus China, Lateinamerika, Ägypten oder Indien zu tun. Näheres hierzu könnt ihr in einem früheren Blogbeitrag nachlesen.

Gesichtleser sagen anderen Menschen, was sie zu sein haben:

FALSCH! Das Gesichtlesen gibt facettenreiche Hinweise auf beispielsweise Stärken, Talente oder Persönlichkeitsstrukturen eines Menschen. Sowohl der Umgang mit Konflikten als auch Arbeitsweisen und Teamverhalten können identifiziert werden. Das Gesichtlesen ermöglicht eine tiefe Persönlichkeitsanalyse, die den Gelesenen unterstützen kann, gewinnbringende Wege für sich einzuschlagen. Ob und wie der Mensch sich dies zunutze macht, liegt im Ermessen der Person. Gute Gesichtleser enthalten sich jeglicher Wertungen.

Gesichtlesen ist nicht wissenschaftlich bewiesen:

HALBWAHR! Das Gesichtlesen ist mit heutigem Stand der Dinge (noch) nicht durch Studien belegt und daher in der westlichen Welt nicht als Wissenschaft anerkannt. Schauen wir uns aber die – teilweise tausend Jahre alten – Erfahrungswerte an, sind diese sehr wohl reproduzierbar. Es ist eine Frage der Definition von Wissenschaft und vielleicht auch eine Frage der Zeit. Schon heute werden immer mehr Studien mit Rückschlüssen auf Gesichtsmerkmale veröffentlicht (z.B. Augenbrauen und Narzissmus). Weiterhin geben viele Forschungen aus dem Bereich der Mimik den Annahmen der Gesichtleser eine Erklärung (siehe hierzu z.B. hochstehende Augenbrauen).

Gesichtlesen ist esoterischer Kram:

FALSCH! Gesichtlesen beruht auf logischen Zusammenhängen und ist keine Frage des Glaubens. Wer sich unvoreingenommen auf das Thema einlässt, wird eine Erfahrung machen, die ihm selbst die Möglichkeit gibt, das Gesagte und Gehörte mit der Realität abzugleichen – hierfür bedarf es keinerlei Überzeugungen oder Glaubensmuster, sondern nur Interesse und Offenheit für alternative Herangehensweisen.

In der aktuellen Folge von „Faszination Empathie“ – ein youtube-Format, in dem ich mit Tobias Duven verschiedene Themen rund um das Thema „Empathie“ diskutiere – sprechen wir über die fünf genannten Mythen, beleuchten sie und teilen unsere Perspektiven. Schaut mal rein, wenn ihr die Mythen nochmal genauer betrachten wollt: